Barrierefreiheit wird Pflicht. Und sie betrifft mehr Unternehmen, als viele denken. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, wird digitale Zugänglichkeit verbindlich geregelt. Wer Produkte oder Dienstleistungen über das Internet anbietet, muss seine digitalen Kanäle bis 2025 barrierefrei gestalten.
Das betrifft nicht nur große Onlinehändler oder Banken. Schon ein einfaches Kontaktformular, ein digitaler Terminkalender oder eine Buchungsmaske auf der Website können ausreichen, um unter das Gesetz zu fallen.
Jetzt ist der richtige Moment, das Thema aktiv anzugehen. Denn wer vorbereitet ist, sichert sich nicht nur rechtlich ab, sondern schafft Vertrauen, erhöht seine Reichweite und investiert in nachhaltige Qualität.
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das BFSG ist die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Richtlinie EU 2019/882). Ziel ist es, einen europaweiten Standard für digitale Barrierefreiheit zu schaffen. Damit sollen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Angeboten erhalten, ob beim Einkaufen, beim Onlinebanking oder beim Lesen von E-Books.
Das Gesetz wurde im Juli 2021 verabschiedet und tritt für den Großteil der betroffenen Unternehmen am 28. Juni 2025 in Kraft.
Wer ist betroffen?
Das Gesetz gilt für Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die in der Richtlinie ausdrücklich genannt sind. Aber auch wer über digitale Wege Geschäfte anbahnt, fällt bereits in den Geltungsbereich. Dazu gehören unter anderem:
- Online-Shops
- Anbieter von Software oder Apps
- Unternehmen mit digitalen Terminbuchungen oder Kontaktformularen
- Banken, Versicherungen und Telekommunikationsanbieter
- Ticketanbieter im Personenverkehr
- Betreiber audiovisueller Medienplattformen
Wichtig: Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro sind ausgenommen. Trotzdem lohnt es sich, auch hier auf Barrierefreiheit zu achten, denn Nutzerfreundlichkeit ist ein Wettbewerbsvorteil, unabhängig von gesetzlichen Pflichten.
Was genau bedeutet digitale Barrierefreiheit?
Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Websites, mobile Anwendungen und digitale Geräte für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind und das unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Fähigkeiten.
Die Anforderungen basieren auf der europäischen Norm EN 301 549, die wiederum stark an die internationalen WCAG 2.1-Richtlinien in Stufe AA angelehnt ist.
Zu den Anforderungen gehören unter anderem:
- Texte müssen leicht verständlich formuliert sein
- Inhalte müssen auch ohne Maus bedienbar sein
- Bilder benötigen beschreibende Alternativtexte
- Videos müssen Untertitel und gegebenenfalls Audiodeskriptionen enthalten
- Formulare müssen klar strukturiert, beschriftet und zugänglich sein
- Benutzerführung muss konsistent und nachvollziehbar gestaltet sein
Auch Farben, Kontraste und Schriftgrößen spielen eine Rolle. Denn Barrierefreiheit ist kein Zusatz, sondern Bestandteil von Design und Funktion.
Diese Produkte und Dienstleistungen sind besonders im Fokus
- Computer und Betriebssysteme
- Smartphones und Tablets
- Zahlungsterminals und Geldautomaten
- Selbstbedienungsterminals zum Ticketkauf oder zur Kontoabfrage
- E-Book-Lesegeräte
Dienstleistungen
- E-Commerce-Angebote
- Digitale Bankdienstleistungen
- Telekommunikationsdienste
- Zugang zu audiovisuellen Medieninhalten
- Onlinebuchungssysteme und Ticketverkauf
- Websites und Apps zur Geschäftsanbahnung
Praxisrelevant: Auch ein Zahnarzt mit digitalem Kalender oder ein Coach mit Buchungsformular ist betroffen. Wer online mit potenziellen Kunden in Kontakt tritt, muss die digitale Infrastruktur barrierefrei gestalten.
Die rechtliche Seite: Marktüberwachung, Nachweise und Erklärungspflichten
Neben den technischen Anforderungen bringt das BFSG auch neue Dokumentationspflichten mit sich. Unternehmen müssen ihre Maßnahmen zur Barrierefreiheit schriftlich festhalten und im Fall einer Prüfung nachweisen können.
Besonders wichtig ist die sogenannte Barrierefreiheitserklärung. Diese muss auf der Website öffentlich zugänglich sein, aktuell gehalten werden und konkrete Angaben zur Barrierefreiheit der digitalen Angebote enthalten. Sie ist rechtlich verpflichtend und kein optionaler Textbaustein.
Zuständige Überwachungsbehörden sind unter anderem:
- Die Bundesnetzagentur für digitale Dienstleistungen
- Die Marktüberwachungsbehörden der Länder für Produkte
Bei Verstößen drohen Bußgelder, Abmahnungen oder Vertriebsverbote. Auch Klagen durch Verbände sind möglich. Wer hier proaktiv handelt, schützt sich nicht nur rechtlich, sondern vermeidet auch Imageschäden.
Was Unternehmen jetzt konkret tun sollten
Die Umsetzung der Anforderungen ist kein Einmalprojekt, sondern ein strukturierter Prozess. Je früher Unternehmen starten, desto effizienter lässt sich Barrierefreiheit integrieren.
Empfohlene Maßnahmen:
- Durchführung eines Barrierefreiheits-Checks der bestehenden Website und digitalen Angebote
- Anpassung von Design, Navigation, Texten und Medien auf Grundlage der WCAG 2.1
- Integration barrierefreier Formulare und interaktiver Elemente
- Schulung interner Teams für barrierefreies Denken in Content und Kundenservice
- Erstellung und Pflege einer rechtssicheren Barrierefreiheitserklärung
- Laufende Qualitätssicherung und Nutzerfeedback einholen
Tipp aus der Praxis: Viele Unternehmen kombinieren den Relaunch ihrer Website mit der Einführung von Barrierefreiheit. So lassen sich Zeit und Kosten sparen und neue Standards direkt mitdenken.
Barrierefreiheit ist keine Belastung, sondern ein Vorteil
Barrierefreie digitale Angebote sind schneller, verständlicher und für alle nutzbar. Sie verbessern nicht nur die Nutzererfahrung für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere Personen, für Menschen mit temporären Einschränkungen oder schlicht für alle, die auf einem kleinen Bildschirm mit schlechtem Empfang unterwegs sind.
Zugleich steigt die Sichtbarkeit bei Google. Denn barrierefreie Websites sind in der Regel besser strukturiert, semantisch korrekt aufgebaut und damit auch SEO-freundlicher.
Jetzt handeln – wir unterstützen Sie dabei
Die Frist läuft. Am 28. Juni 2025 muss Barrierefreiheit stehen. Und bis dahin ist mehr zu tun, als ein paar Icons und Texte anzupassen.
Als Agentur mit Fokus auf digitale Barrierefreiheit unterstützen wir Sie ganzheitlich:
- Technische Analyse Ihrer Website oder App
- Umsetzung nach WCAG 2.1 und EN 301 549
- Entwicklung und Integration barrierefreier Formulare und Medien
- Erstellung Ihrer rechtssicheren Barrierefreiheitserklärung
Starten Sie jetzt und machen Sie Ihre digitalen Angebote fit für alle.
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und lassen Sie sich unverbindlich beraten.
FAQ zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)
Was ist der Unterschied zwischen Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit?
Barrierefreiheit bezieht sich darauf, dass digitale Angebote auch von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können. Dazu gehören unter anderem Menschen mit Sehbehinderungen, Hörbeeinträchtigungen oder motorischen Einschränkungen. Benutzerfreundlichkeit hingegen ist ein breiterer Begriff, der die allgemeine Nutzbarkeit für alle Menschen beschreibt, unabhängig von Einschränkungen.
Was passiert, wenn ich bis 2025 nicht barrierefrei bin?
Wer gegen das BFSG verstößt, riskiert rechtliche Konsequenzen, wie Abmahnungen und Bußgelder. Zudem können Unternehmen, die keine Barrierefreiheit umsetzen, einen erheblichen Wettbewerbsnachteil einhandeln. Das Thema wird immer wichtiger – nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern auch aus ethischen und marktwirtschaftlichen Perspektiven.
Ist Barrierefreiheit nur ein technisches Thema?
Nein, Barrierefreiheit betrifft nicht nur Technik, sondern auch Inhalt und Design. Dazu gehören unter anderem:
- Texte: Sie müssen klar, verständlich und für Screenreader nutzbar sein.
- Farben und Kontraste: Eine klare Farbabstimmung für bessere Lesbarkeit.
- Navigation: Alle Seiten müssen ohne Maus navigierbar sein, z. B. mit Tastatur oder Spracherkennung.
- Formulare: Sie müssen logisch strukturiert und barrierefrei ausgefüllt werden können.
Es ist ein interdisziplinärer Prozess, der IT, Design und Content-Strategie miteinander verbindet.
Brauche ich eine Barrierefreiheitserklärung auf meiner Website?
Ja, nach dem BFSG ist es notwendig, eine Barrierefreiheitserklärung auf Ihrer Website zu veröffentlichen. Diese Erklärung gibt Nutzern klare Informationen darüber, wie barrierefrei Ihr Angebot ist und wo es eventuell noch Einschränkungen gibt.